Prof. Dr. Elke Schäffner

DN-Netzwerk fördert die Forschung

Neue Stiftungsprofessur an die Charité vergeben

Zur Förderung der Versorgungsforschung innerhalb der Nephrologie fördert das DDnÄ Institut für Disease Management e. V. die Einrichtung einer W3-Stiftungsprofessur für nephrologische Versorgungsforschung für fünf Jahre finanziell. Es haben sich zahlreiche Universitäten mit ausgearbeiteten Konzepten beworben und nach einem aufwändigen Auswahlverfahren durch eine unabhängige Jury ist die Wahl auf die Charité Berlin, Prof. Dr. Elke Schäffner, gefallen. Gegenstand der Forschung soll insbesondere die Einschätzung der Versorgung und der Prognose von chronisch Nierenkranken sein, z. B. unter Berücksichtigung des Alters, des Geschlechts, der Begleiterkrankungen, der medikamentösen Therapie und der verschiedenen Nierenersatzverfahren. Frau Schrooten sprach mit Frau Professorin Schäffner über die Stiftungsprofessur und ihre Pläne.

Charlotte Schrooten: Was war der Schwerpunkt Ihrer Arbeit an der Charité bisher?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Mein bisheriger Schwerpunkt lag bereits im Bereich der Nierenepidemiologie und war damit sehr
nah an der Versorgungsforschung. Ich habe also mein Wissen als Nephrologin mit meiner methodischen Expertise als klinische Epidemiologin verknüpft. Besonders interessiert hat mich in den letzten 12 Jahren die Nierenfunktion im Alter und die Frage, ob der Nierenfunktionsverlust im Alter Seneszenz oder Krankheit bedeutet. Diese Fragestellung lässt sich auch auf verschiedene andere Organe übertragen, die Niere ist hier aber eine hervorragende Modellerkrankung.

Charlotte Schrooten: Welche Projekte konnten Sie bereits umsetzen?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Seit 2009 leite ich zusammen mit Frau PD Dr. Natalie Ebert die Berliner Initiative Studie (BIS). Dies ist eine populationsbasierte Alterskohorte, die in einer Kooperation mit der AOK-Nordost entstanden ist. Wir haben über eine Dekade rund 2.000 Berliner Bürgerinnen und Bürger fortgeschrittenen Alters alle zwei Jahre zu Studienvisiten eingeladen, in deren Rahmen wir ein relativ detailliertes Interview führten, den Blutdruck gemessen haben, aber eben auch Blut- und Urinproben gewinnen konnten. Um einen Selektions-Bias zu verhindern, besuchten wir dafür auch viele Probanden zuhause bzw. in Alters- und Pflegeheimen. Unser Hauptfokus war die korrekte Erfassung der Nierenfunktion bzw. deren Verlauf über die Zeit. Darüber hinaus interessieren uns aber auch andere Fragen zum Alterungsprozess, das Gebrechlichkeitssyndrom, aber auch die Frage, wer diejenigen sind, die – wie es scheint – kaum altern. Und es geht um Versorgungsfragen – wer ist in nephrologischer Behandlung, wer nicht, obwohl er davon profitieren würde, wer weiß überhaupt, was Nephrologie ist etc.

Charlotte Schrooten: Um was für eine Art von Stiftungsprofessur handelt es sich?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Bei der Stiftungsprofessur ist es gelungen, eine, wie ich finde, progressive Struktur zu schaffen, weil es sich um eine Brückenprofessur handelt. Dabei wird die Brücke geschlagen vom Institut für Public Health an der Charité Universitätsmedizin Berlin, wo ich derzeit tätig bin, zurück dahin, wo ich herkomme, nämlich in die Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Int. Intensivmedizin der Charité. Dies passt ganz hervorragend, da ja auch inhaltlich diese beiden Bereiche verknüpft werden und bereits bestehende Kooperationen leichter ausgebaut, aber auch auf neue Bereiche ausgedehnt werden können.

Charlotte Schrooten: Was ist Versorgungsforschung in der Nephrologie?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Ziel der Versorgungsforschung ist vor allem, sich wandelnde „unmet medical needs“ zu identifizieren und ihre gesellschaftliche Relevanz über die Lebensspanne zu analysieren. Passende Gesundheitsversorgungsangebote müssen dann wissenschaftlich entwickelt, erprobt und evaluiert werden. In Bezug auf die Nephrologie deckt das Bereiche ab, die zunächst einmal erfassen, wie hoch der Bedarf der Patienten ist, die eine nephrologische Versorgung benötigen, wie viele dann ein Nierenersatzverfahren brauchen und welches Verfahren für wen das geeignetste ist. Hierfür kommen verschiedene Kriterien ins Spiel, auch die Lebensqualität unserer Patienten.

Charlotte Schrooten: In Deutschland fehlt ja leider ein Dialyseregister. Wie ist es in anderen Ländern?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Ja, das ist richtig. Die unrühmliche Wahrheit ist, dass Deutschland innerhalb Europas im Grunde das einzige Land ist, welches es sich leistet, kein Dialyseregister zu haben. Das ist erstaunlich, da die Dialyse ein sehr invasives und noch dazu sehr teures Verfahren ist und Daten im Rahmen der gesetzlichen Qualitätssicherung ja regelmäßig erhoben werden (QS NET). Leider sind diese Daten aber faktisch nicht öffentlich zugänglich und daher auch nicht leicht auszuwerten. Inhalte des gerade veröffentlichten Koalitionsvertrags lassen hoffen, dass unter der neuen Bundesregierung ein digitaler Wandel einsetzen wird, der die momentan herrschende (institutionalisierte und mentale) Blockadehaltung in Bezug auf „data-sharing“ beendet. Die Einführung der elektronischen Patientenakte könnte hier viele Probleme mit einem Schlag lösen und wichtige Versorgungsfragen beantworten.

Charlotte Schrooten: Sehen Sie das DN-Benchmarking-Register als mögliche Grundlage für Ihre zukünftige Forschung?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Selbst, wenn die E-Akte kommen sollte, dann wird das nicht übermorgen sein. Das heißt, wir werden Daten brauchen, um die Jahre bis zur ihrer Einführung zu überbrücken. Und hier hoffe ich sehr, dass wir die DN-Daten nutzen können, auch, da sie den Bereich vor Beginn einer Nierenersatztherapie abdecken und damit auch zu einem besseren Verständnis der sog. Transitionsphase, also der Zeit vor der Dialyse bis zum Dialysebeginn, beitragen.

Charlotte Schrooten: Welche wissenschaftlichen Pläne haben Sie für die Zukunft?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Ach, ich fürchte zu viele! (lacht) Ein Thema, das mir am Herzen liegt, ist die bestmögliche Versorgung hochbetagter Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung, ein echtes Versorgungsforschungsthema.
Hier brauchen wir auch – wie in vielen Bereichen der Medizin – eine bessere Kommunikation zwischen Patienten und
Versorgern bzw. Angehörigen.

Zweitens möchte ich mich gesundheitspolitisch weiter engagieren im Hinblick auf die Etablierung eines Dialyseregisters und eine Verknüpfung mit dem seit Juli 2021 bestehenden Transplantationsregister. Des Weiteren benötigen wir eine verbesserte Labordiagnostik. Nach jahrzehntelanger Konzentration auf den Biomarker Kreatinin müssen wir es schaffen, dass Cystatin C preisgünstiger wird. Außerdem brauchen wir international standardisierte Protokolle und Infrastrukturaufbau für gemessene GFR. Und schließlich haben wir zehn Jahre lang Daten gesammelt im Rahmen der BIS. Diese müssen ausgewertet und Manuskripte dazu geschrieben werden. Das wird vielleicht nicht alles zu 100% zu schaffen sein, aber wenn auch nur die Hälfte davon umzusetzen ist, bin ich glücklich.

Charlotte Schrooten: Welche privaten Pläne haben Sie?

Prof. Dr. Elke Schäffner: Nun, Corona hat die Umsetzung einiger privater Pläne etwas behindert in den letzten beiden Jahren. Aber wir haben auf der Suche nach der viel beschworenen Work-Life-Balance ein Wochenendgrundstück außerhalb Berlins in nächster Nähe zu einem der vielen Brandenburger Seen erworben. Das sind zwar nicht die Berge des Schwarzwaldes, meiner Heimat, die ich immer ein wenig vermissen werde, aber dennoch ein schönes Fleckchen Natur. Nun fehlt nur noch die berühmte Datsche, momentan steht da nur eine Art Büllerbü-Bauwagen. Ich hoffe, das können wir in den nächsten ein bis zwei Jahren verwirklichen. Und dann gilt natürlich das, was alle sagen: Mehr Zeit für die Liebsten und Freunde zu haben, mehr Sport, mehr Klavierspielen.

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