Raja Barthel

Jenseits von Afrika

Raja Barthel hilft in Tansania

Die 20-jährige Raja Barthel aus Schweinfurt hat sich entschieden, nach dem Abitur einen Freiwilligendienst in Tansania zu absolvieren und vor Ort die Hilfsorganisation Tanzania Red Cross Society zu unterstützen. Im Interview mit Frau Schrooten berichtet sie, was sie dort erlebt hat und welche Erfahrungen ihr weiteres Leben geprägt haben. Das DN-Netzwerk hat sie finanziell im Rahmen der Nachwuchsförderung unterstützt. Wir bewundern solch ein Engagement.

Frau Schrooten: Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Raja Barthel: Mein Name ist Raja Barthel, ich bin 20 Jahre alt und ich war von Anfang September 2018 bis Ende August
2019 im Rahmen des „weltwärts“-Freiwilligendienstes mit dem Roten Kreuz in Dar es Salaam, Tansania. Meine Allgemeine Hochschulreife habe ich 2018 abgelegt. In meiner Freizeit schwimme ich viel und gebe auch Schwimmtraining. Dadurch habe ich einen Zugang zum Roten Kreuz bekommen, welches später dann auch zur Entsendeorganisation für meinen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ wurde. Für meinen Freiwilligendienst habe ich im Voraus beim Roten Kreuz zudem eine Sanitätsausbildung absolviert. Momentan arbeite ich in einem medizinischen Labor, aus aktuellem Anlass hauptsächlich mit COVID-19- Proben. Ab dem kommenden Wintersemester werde ich ein medizinisches Studium beginnen.

Frau Schrooten: Was war Ihre Aufgabe, wo konnten Sie in Tansania unterstützen?

Raja Barthel: Ich habe während meines einjährigen Freiwilligendienstes in einem Krankenhaus gearbeitet, an zwei Secondary Schools Erste-Hilfe-Unterricht gegeben und die Tanzania Red Cross Society beispielsweise bei Veranstaltungen und im Social Media Bereich unterstützt. Ab Februar kam noch eine Vorschule dazu, in der ich kindgerechte Unterrichtseinheiten zu Hygiene, Erste Hilfe und später auch zu Musik vorbereitet und durchgeführt habe. Das Abschlussprojekt dort war ein selbstgeschriebenes Theaterstück, welches während des Schulfestes aufgeführt wurde. Das Hauptaugenmerk lag für mich jedoch in der Arbeit im Krankenhaus. So habe ich drei Tage in der Woche im Sanitas-Hospital gearbeitet und konnte dort tiefe Einblicke vor allem in das Labor, den OP und die Dialysestation erlangen. Das Sanitas-Krankenhaus hat außerdem ein bis zu diesem Zeitpunkt in Tansania einmaliges Programm für Patienten, die an Lymphatischer Filariose, kurz auch Elephantiasis, leiden. Diese Krankheit wird in Tansania hauptsächlich durch Mückenstiche übertragen, durch welche Filarien ins Lymphsystem gelangen. Als Folge der Wurm-Infektion kommt es zum Lymphstau und dadurch zum starken Anschwellen der betroffenen Körperstellen, zumeist der Extremitäten. Die Patienten werden im Sanitas, finanziell unterstützt durch die Sanitas-Stiftung, behandelt. Auch bei diesem Programm konnte ich beispielsweise bei der manuellen Lymphdrainage oder der Kompressionstherapie aushelfen. Im Labor habe ich verschiedene Tests beispielsweise auf Malaria, Dengue-Fieber oder H. Pylori durchgeführt und konnte bei der mikroskopischen Analyse von Malariainfektionen oder beim Anlegen von Bakterienkulturen mitarbeiten. Auf der Dialysestation habe ich nach einiger Zeit des Anlernens die Patienten sogar von den Dialysegeräten trennen können, ansonsten habe ich unter anderem beim Wiegen der Patienten, beim Vorbereiten der Dialyse und bei der Patientenversorgung unterstützt.

Frau Schrooten: Was haben Sie in Ihrer Zeit dort für Ihr späteres Leben mitnehmen können?

Raja Barthel: Ich durfte während meines Freiwilligendienstes unglaublich viele Erfahrungen sammeln, gute und nicht so gute, die mich sehr geprägt haben. Dazu kommen viele wunderbare Erlebnisse und viele Menschen, die meinen „weltwärts“-Dienst zu dem gemacht haben, was er für mich am Ende war: Eine sehr intensive und bereichernde Zeit.
Prägend waren zunächst die neue Umgebung, die fremde Sprache und die andere, unbekannte Kultur. Das Ankommen ging zwar überraschend schnell, trotzdem hat der Prozess mir einiges abverlangt. Jedoch war es ja auch mein Ziel, während des Dienstes aus meiner Komfortzone herauszukommen und Neues zu erleben. Und ich möchte behaupten, dass mir das in diesem Jahr auch geglückt ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, wie es ist, eine Fremde zu sein, und habe mich in Offenheit wie auch Unvoreingenommenheit geübt. Ich habe eine neue Sprache gelernt, bin sicherlich spontaner geworden und musste das ein oder andere Mal auch über meinen Schatten springen. Ich habe viele Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen kennengelernt und konnte viele interessante Gespräche führen. Ich habe Einblicke in eine andere und doch so ähnliche Welt bekommen und kann sagen, dass ich voller neuer Erfahrungen, Sichtweisen und Ideen aus meinem Freiwilligendienst zurückgekehrt bin.

Frau Schrooten: Wie kann von Deutschland aus dort
geholfen werden?

Raja Barthel: Der Kontinent Afrika besteht aus vielen Ländern. Was in einem Land passiert, passiert nicht gleich in ganz Afrika. Eine große Hilfe sind natürlich Spenden. Hier ist es meiner Meinung nach jedoch sehr wichtig zu schauen, für was man spendet. Ich bin in Tansania einem Projekt begegnet, welches mit Hilfe von Spenden weiße Moskitonetze in einer Region verteilt hat. Was zunächst sehr sinnvoll wirkt und auch sicherlich gut gemeint war, kam jedoch nicht wie erwartet an. Denn in der betreffenden Region wurden nur die Toten in weiße Tücher gewickelt. Deshalb wollten viele Menschen nicht unter den weißen Netzen schlafen. Ich bin der Meinung, dass Hilfe unbedingt auf Augenhöhe und in Kontakt mit dort lebenden Menschen geschehen muss, wenn sie auch etwas bewirken soll. Niemand kann ohne Erfahrung oder Hintergrundwissen ein Problem erfolgreich verringern oder gar beheben. Wichtig ist es auch zu wissen, dass manche Probleme in afrikanischen Ländern durch Europa befeuert werden, ohne dass es einem bewusst ist. So zerstören zum Beispiel die Secondhand-Märkte die lokale Kleidungsindustrie, die mit den Preisen der Secondhandware nicht mithalten kann, und der Export von europäischen Hähnchenabfällen macht Kleinbauern das Leben schwer. Hilfe ist etwas anderes als Müllabladen. 

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